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[Archiv] Chappie – oder die Frage nach der Menschheit

Ursprünglich gepostet am: 03. März 2015 auf filmosophie.com

In der nahen Zukunft werden Verbrechen mit Hilfe von Polizei-Robotern bekämpft. Als einer der Polizei-Droiden, Chappie, gestohlen und von seinem Erschaffer Deon Wilson (Dev Patel) neu programmiert wird, wird er der erste Roboter, der die Fähigkeit hat, eigenständig zu denken und zu fühlen. In den Augen seines Konkurrenten Vincent Moore (Hugh Jackman) und Konzernschefin Michelle Bradley (Sigourney Weaver) stellt dieser Roboter eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und die gesamte Menschheit dar. Und so wird mit allen Mitteln versucht, sicher zu stellen, dass Chappie der Letzte seiner Art ist.

Nach District 9 und Elysium folgt nun der dritte Science-Fiction-Film des südafrikanischen Regisseurs Neill Blomkamp und auch dieses Mal entwirft der Regisseur eine Zukunft, die auf den ersten Blick wenig erfreulich erscheint. Es ist keine Zukunft die sauber und perfekt ist und im Glanz der Technologie erstrahlt. Genau wie in den ersten beiden Filmen, ist die Zukunft bei Blomkamp eine Zukunft, die zweifelsohne von der Geschichte Südafrikas geprägt und von Unterschieden und Klassentrennungen gekennzeichnet ist. Ja, es ist eine Zukunft der Underdogs.
Die Geschehnisse von Chappie, die auf seinem Kurzfilm Tetra Vaal von 2004 basieren, spielen auch in einer Zukunft die nicht allzu entfernt ist. Gerade deswegen scheint das Setting in vielerlei Hinsicht sogar vertraut und erschreckend aktuell zu sein, was dazu verleiten mag, den ganzen Film mit einer gewissen Nonchalance zu betrachten.

Und auch wenn Dev Patel, Hugh Jackman (mit dem wohl schlimmsten Vokuhila-Haarschnitt und Klamotten der Filmgeschichte) und Sci-Fi Ikone Sigourney Weaver die menschlichen Hauptfiguren im Film spielen, ist der namensgebende Roboter der eigentliche zentrale Charakter dieses Films. Und hinter dem gesichtslosen Roboteraussehen steckt mehr Mensch als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Es fängt schon beim Design von Chappie selbst an. Der von Sharlto Copley im Motion Capture Anzug dargestellte Roboter agiert ungewöhnlich menschlich. Seine Bewegungen und besonders seine Ohren, sind wie bei einem Hund Spiegelbild seiner Emotionen und Gefühle. Vielleicht auch ein Grund warum manch ein Zuschauer den Film gleich als Nonsens und unabsichtlich lustig abtun könnte. Doch gerade damit würde man der zentralen Frage des Films nicht gerecht werden: ist der menschliche Roboter die nächste Stufe der Evolution? Chappie ist wie ein kleines Kind das wachsen und lernen muss und das das Bedürfnis nach Geborgenheit und Familie hat (grandios hier die Darstellung von Watkin Tudor Jones und Yolandi Visser der südafrikanischen Rap-Band Die Antwoord).
Ein Roboter der wie ein Mensch agiert? Ein Umstand, der ungewöhnlich und vielleicht sogar erschreckend ist. Doch das alles als Zuschauer (genauso wie es die Hauptfiguren mache) einfach aus Angst zu ignorieren oder bekämpfen zu wollen, wäre falsch. Und genau das macht der Film nicht, er stellt sich dieser Frage und zeichnet am Ende ein ungewohntes aber doch hoffnungsvolles Bild der menschlichen Zukunft.

Die Geschichte von Chappie erinnert somit stark an die zentrale Idee im Film I, Robot und stellenweise auch an 2001: Odyssee im Weltraum von Kubrick. Doch wie Blomkamp in der Pressekonferenz zu Recht anmerkt, wird der Film von 2004 mit Will Smith der zentralen Idee von Asimov eigentlich nicht ganz gerecht. Und spätestens hier wird klar, dass er genau weiß wovon er spricht und sich zum Thema der Künstlichen Intelligenz viele Gedanken gemacht hat und Chappie hier einen Schritt weiter geht.
Überhaupt stellen sich Chappie als Film und Chappie als Roboter viele zu tiefst menschliche Fragen und greifen damit den moralisch-philosophischen Faden auf, der bereits in District 9 und Elysium zu finden war. Es geht daher nicht nur um die Frage was kommt nach dem Leben, sondern vielmehr was ist das Leben selbst, was ist eigentlich eine Seele. Dabei befasst sich Chappie wiederum auch mit ganz alltäglichen Fragen wie z.B. was ist Familie.
Der große Verdienst dieses Films ist aber nicht nur diese Fragen zu stellen und auch zu beantworten, sondern dies ist einer gekonnten Balance zwischen Humor und Tragik zu machen, die einem stellenweise kurz die ein oder andere Träne in die Augen treibt und den Film dabei nicht in den Kitsch abdriften zu lassen.

Die Zukunftsvision von Blomkamp ist düster, doch zwischen all diesen sozialen Problemen und schmerzlichen Momenten, keimt immer der für seine Filme schon fast typische Hoffnungsschimmer auf, dass diese dargestellte Zukunft nur eine Zwischenstation zu einer besseren Zukunft ist.

Kinostart: 5. März 2015