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[Archiv] Gespensterjäger – Schleim und Freundschaft

Ursprünglich gepostet am: 19. März 2015 auf filmosophie.com

Alle halten Tom Tomsky (Milo Parker) für einen Angsthasen – auch seine eigene Schwester. Und seine Familie versteht ihn auch nicht so recht. Und ausgerechnet dieser kleine Junge bekommt im Keller von einem grünen Schleimgespenst den Schreck seines Lebens verpasst. Doch Hugo (in der deutschen Version von Bastian Pastewka gesprochen) stellt sich als herzensgutes MUG (Mittelmäßig Unheimliches Gespenst) heraus, das von einem gefährlichen Dämon, einem UEG (Urzeitliches Eis-Gespenst), aus seiner Gruselvilla verjagt wurde. Hugo bleiben nur 7 Tage, um an seinen angestammten Spukort zurückzukehren, bevor er sich für immer auflöst. Tom, der seinen neuen besten Freund Hugo nicht verlieren möchte, beschließt, eine professionelle Gespensterjägerin um Hilfe zu bitten. Aber die knallharte und doch irgendwie mürrische Hedwig Kümmelsaft (Anke Engelke) hat nicht nur gerade ihren Job verloren, sondern kann nur eines noch weniger leiden als Gespenster: Kinder. Ein kleiner Junge, eine arbeitslose Gespensterexpertin und ein Schleimgespenst: Das ungewöhnlichste Gespensterjäger-Team aller Zeiten muss sich schnell zusammenraufen, um Hugo zu retten und dabei so ganz nebenbei die Welt vor einer neuen Eiszeit zu bewahren!

Wenn man als Erwachsener in der Rolle des Filmkritikers sich zum ersten Mal einen Film anschaut, der sich an ein deutlich jüngeres Publikum richtet, ist das eine neue Herausforderung. Schon alleine aufgrund der Tatsache, dass man eigentlich andere Erwartungen – besonders bei der Umsetzung – an den Film stellt, als es vielleicht die jüngeren Zuschauer machen. Als Verfechter von Originalversionen war es schon ein bisschen komisch für mich den Film, der komplett in Englisch gedreht wurde und dann von den deutschen Schauspielern synchronisiert wurde, in Deutsch zu sehen und dabei den Gedanken nicht loszuwerden, dass da etwas nicht stimmt. Aber wie gesagt, es gibt immer ein erstes Mal.

Selbst wenn ich das Buch von Cornelia Funke nicht gelesen habe, war ich positiv von der Umsetzung der für Funkes irgendwie typischen Fantasiewelt überrascht und die hier ein bisschen an die Verfilmung von Tintenherz erinnert. Doch auch Gespensterjäger bleibt dem Gedanken der Autorin treu. Im Gegensatz zur Welt von Harry Potter, die mehrheitlich in der Welt der Zauberei und Fantasie angesiedelt ist, spielen die Geschichten in den Büchern von Cornelia Funke in der Welt der normalen Menschen, in die wiederum die Welt der Magie eindringt. Die Zauberei ist nur ein Beiwerk, das was in der Welt von Funke zählt sind die Werte. Im Gegensatz zum Harry Potter-Universum, dem man durchaus einen britischen Touch nachsagen kann, ist das Funke-Universum auch eine hybride Welt, die eigentlich an keinen bestimmten Ort der Welt zu verorten ist und deswegen auch überall hin passt. Vielleicht auch ein Grund, warum die Verfilmungen der Bücher auf internationaler Ebene auch so gut funktionieren.

Anders als in Titenherz, richtet sich Tobi Baumanns Verfilmung der Buchreihe „Gespensterjäger“ jedoch mehr an ein jüngeres Publikum und das wird schnell klar, oder spätestens bei der Gestaltung des CGI (Zentrales Gespensterjäger Institut) klar, das an eine kleinere aber doch nicht minder humorvolle Version des MIB-Hauptquartier erinnert. Und trotz dieser Zielgruppen-Ausrichtung, überrascht der Film doch immer wieder durch die ein oder andere filmische Referenz oder gar Zote, die bei einem jungem Publikum vielleicht nicht ankommt, dem Film aber einen eigenen Charme verpasst.

Anke Engelke und Milo Parker harmonieren sehr gut zusammen und das ist wirklich ein Glücksgriff für den Film, denn die zentrale Geschichte um Freundschaft – die während des Films auch gut trägt und Spass macht -, dreht sich um die beiden und nichts wäre schlimmer wenn die Chemie zwischen den beiden Hauptakteuren nicht stimmt. Vielleicht liegt es aber auch an dieser stimmigen Chemie der beiden zentralen Figuren und die Fokussierung des Films auf das Thema der Freundschaft, dass im zweiten Drittel der Geschichte, als der Fokus auf den Showdown verschoben wird, die Spannung ein bisschen abfällt und der Film seine Schwächen aufzeigt. Es liegt aber auch wohl daran, dass Gespensterjäger nicht immer weiß, an welche Zielgruppe er sich richten soll und sowohl dem erwachseren aber genauso dem jüngeren Publikum zu wenig zutraut. Kleiner Wehmutstropfen bleibt dahingehend da die Animation des Urzeitlichen Eis-Gespenstes, die zwar gut ist, aber bei der man sich schon gewünscht hätte, dass man nicht sofort merkt, dass es computeranimiert ist und vor allem den bösen Touch vermissen lässt. Spätestens durch die Harry Potter-Reihe ist auch das jüngere Publikum an andere Sachen gewöhnt.

Die Umsetzung der Geschichte und die Besetzungen sind am Ende aber gelungen, auch wenn Karoline Herfurth als unsichere CGI-Direktorin Frau Hoffmann ein bisschen mehr Verschrobenheit nicht geschadet hätte. Milo Parker, der nach Mr. Holmes wieder in einer Hauptrolle zu sehen ist, überzeugt hier wieder besonders auf ganzer Linie, gerade weil er im Gegensatz zu Mr. Holmes sogar noch mehr seine Mimik und fast schon komödiantischen Talente einsetzen kann. Da prophezeie und wünsche ich ihm umso mehr eine tolle Karriere und freue mich auf weitere Filme mit diesem Talent.
Ein weiterer Glücksgriff – zumindest in der deutschen Synchronisation – ist Bastian Pastewka, der dem etwas trotteligen aber sympathischen MUG Hugo (bis auf 1 oder 2 Momente toll animiert) eine ganz besondere Note verleiht und der schon in der Madagaskar-Reihe und jüngst in Baymax unter Beweis gestellt hat, dass er nicht nur als Mensch sondern auch mit seiner Stimme sehr amüsant sein kann.

Kinostart: 2. April 2015