Ursprünglich gepostet am: 14. Mai 2014 auf filmosophie.com
Um es gleich zu Beginn zu sagen: Es geht in dieser Kritik nicht nur um die Angst um die Zukunft des Fürstentums Monaco, sondern auch um die Ängste, die man als Zuschauer und Kritiker so hat.
Anfang der 1960er Jahre bekommt Grace Kelly oder genauer gesagt Fürstin Gracia Patricia von Monaco (Nicole Kidman) ein verlockendes Rollenangebot von Alfred Hitchcock. Ein Angebot, dass der gefeierte Hollywoodstar nur schwer ablehnen kann. Auf der einen Seite weil sie ihr Schauspielerdasein vermisst und auf der anderen Seite weil sie sich trotz ihrer inzwischen mehrjährigen Ehe mit Fürst Rainier III. von Monaco (Tim Roth) noch nicht in die Rolle der Fürstin eingefunden hat und mit Palastintrigen und der Ablehnung durch die öffentliche Meinung zu kämpfen hat. Zur gleichen Zeit kämpft der Fürst um den Erhalt der Souveränität seines Landes an der Mittelmeerküste. Der französische Präsident Charles de Gaulle verlangt Steuerabgaben, er droht mit der militärischen Überlegenheit Frankreichs und verfügt schließlich eine Blockade der Landesgrenzen. Monaco ist von der Außenwelt abgeschnitten. Als der Konflikt mit Frankreich eskaliert und ihre Ehe in eine ernste Krise gerät, wird Grace vor eine weitreichende Entscheidung gestellt: Wird sie die ersehnte berufliche Herausforderung wählen und vor die Kameras zurückkehren oder die bisher größte Rolle ihres Lebens annehmen, nämlich die der Fürstin Gracia Patricia von Monaco? Eine Entscheidung, die weitreichende Folgen nicht nur für ihr Leben sondern auch für die Existenz des gesamten Fürstentums haben wird.
Ich gestehe, ich hatte vor Grace of Monaco von Olivier Dahan ein bisschen Angst. Denn als ich erfahren habe, dass Nicole Kidman die Ikone Grace Kelly verkörpern sollte, kam ein kurzer Moment der Angst in mir hoch. Ich hatte dahingehend auch eine paar kurze Diskussionen mit Kollegen und Freunden, wie z.B. mit Joachim Kurz von kino-zeit.de. Und am Ende stellte sich mir die Frage: Ist sie die richtige Person für diese Rolle?
Jeder hat ein bestimmtes Bild von solchen Ikonen in seinem Kopf. Wenn ich an Grace Kelly denke, fällt mir sofort die Szene aus Hitchcocks Rear Window ein, in der sie in ihrem Kleid, immer umgeben von diesem fast schon Aura-ähnlichem Schein, nicht nur James Stewart sondern auch den Zuschauer sprachlos macht. Ich denke, ich bin mit diesem Bild nicht alleine und wie immer in diesen Fällen bekommt man es ein bisschen mit der Angst zu tun, wenn das Bild, das man von einer bestimmten Person hat, ins Wanken gerät. Dahingehend hatte ich bedenken, ob Kidman, der man oft nachsagt, sie hätte – formulieren wie es mal so – wenig Ausdruckskraft und eine kühle Distanz in ihrem Gesicht, die richtige Person ist um Grace Kelly auf der Leinwand darzustellen. Ich muss jedoch sagen, dass ich ihr in diesem Zusammenhang Unrecht getan habe.
Zwar mag die Maske, die Kidman z.B. die für Grace Kelly so typische Frisur verpasst hat auch ihren Teil dazu beitragen, dass sie so eine Ähnlichkeit mit dem Original aufweist, jedoch hatte ich auch so stellenweise wirklich den Eindruck, als wäre dort Grace Kelly auf der Leinwand. Verstärkt wird das durch die immer wieder aufkommenden Extreme Close-Ups von Kidmans Gesicht, in denen fast nur noch die Augen zu sehen sind und die auf die fast schon ikonenhaften Nahaufnahmen und Bilder verweisen, die auch vom Hollywoodstar Kelly bekannt sind. Diese kühle Distanz, die man Nicole Kidman nachsagt, kommt ihr in diesem Zusammenhang daher sogar zugute. Auf der anderen Seite unterstützt das alles nur das Ikonenhafte um die Person Grace Kelly und so kommt die Mutter Grace und auch die emotionale Tiefe im Film am Ende leider doch ein bisschen zu kurz. Sehr interessant ist auch die Darstellung von Tim Roth als Fürst Rainier III. von Monaco., obwohl am Ende auch dieser Figur ein bisschen die Tiefe fehlt, die in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Rolle im Leben und vor allem Handeln von Fürstin Grace gespielt hat.
Wie der Titel aber schon nahelegt, entscheidet sich der Film für den Blick auf die Fürstin und ihre Figur. So fokussiert sich der Film eben auf die hin- und hergerissene Person Grace Kelly. Nicht ohne Grund erscheinen daher im Film dauernd Spiegel, in denen sich die Personen und vor allem die Fürstin immer wieder spiegeln und damit auch wieder auf die Zwiegespaltenheit und das „Gefängnis“ verweisen, in dem sich das Staatsoberhaupt den ganzen Film über letztendlich befindet.
Der Film ist nicht unbedingt perfekt und die par force künstlerisch gestalteten letzten Minuten des Films stören ein bisschen das Gesamtbild – genauso wie der unpassende poppige Song über den Credits, der genauso unpassend und störend war wie Tim Bendzkos deutscher Song (!) auf den Endtiteln der englischen Version von The Amazing Spider-Man 2. Es lässt sich auch sicherlich über den Wahrheitsgehalt der zwar auf realen Ereignissen basierenden aber am Ende doch fiktionalen Geschichte streiten. Doch am Ende zeichnet Olivier Dahan ein zwar leider einseitiges aber doch recht versöhnliches Bild der monegassischen Fürstin. Wie ihr Name schon andeutet, ist es ein Bild einer anmutigen Person, voller Grazie und zugleich zerbrechlich. Damit ist es aber auch ein Bild, das wiederum genau diese Ikonehaftigkeit und Unberührbarkeit aufweist, die vielen durch diesen Film in Gefahr sahen. Am Ende überwiegt bei mir der positive Eindruck und die Erkenntnis, dass ich als Filmkritiker vielleicht viel mehr Filmen und Schauspielern häufiger eine Chance geben sollte.
Kinostart: 15. Mai 2014