Ursprünglich gepostet am: 25. Mai 2015 auf filmosophie.com
Auch dieses Mal steht wieder die Fahrradtour an, die Hannes und seine Frau Kiki jedes Jahr mit ihren engsten Freunden unternehmen. Dieses Jahr bestimmen die beiden, dass es nach Belgien geht. Aber warum ausgerechnet Belgien? Was soll es dort schon geben – außer Pommes und Pralinen?
Die Gruppe fährt wie immer voller Tatendrang und Abenteuerlust los. Erst als sie unterwegs sind, erfahren sie, dass Hannes an der unheilbaren Krankheit ALS erkrankt ist und die Reise nach Belgien nicht nur die letzte gemeinsame Reise ist, sondern auch eine Reise ist, die einem ganz speziellen und persönlichen Grund dient.
Road-Movies (und da kommt es auch das Fortbewegungsmittel eigentlich auch nicht an) sind schon ein sehr eigenes Genre. Die Straße, der begangene Weg, spiegelt den inneren Prozess wider, den der oder die Protagonist/in durchmacht. Am Ende dieses Weges, steht meistens eine Entscheidung. Die Entscheidung etwas weiterzuführen oder etwas zu beenden – und sei es auch etwas so wertvolles wie das eigenen Leben.
Deutsche Road-Movies, die sich mit diesem letzteren, sehr speziellen Thema befassen, sind in der Regel selten. Knockin’ on Heaven’s Door mit Til Schweiger und Jan Josef Liefers von 1997 ist wohl eines der prominentesten Beispiele der deutsche Kino-Vergangenheit. Vielleicht ein Grund mehr, dass Regisseur Christian Zübert mit Hin und weg eine kleine Filmperle des Erzählkinos gelungen ist. Besonders gelungen ist Zübert hier die wichtige Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, die gerade bei so einem sensiblen Thema wieder Sterbehilfe durchaus angebracht ist. Und dies schafft er ohne dabei zu sehr in die Gefühlsebene und dabei in den Kitsch abzudriften. Zübert setzt in seinem Film daher zu Recht auch den Fokus auf das eigentliche und wesentliche Element der Geschichte: die Freundschaft in der Gruppe. Eine Freundschaft, die auf eine harte Probe gestellt wird und vielleicht auch nur in Anbetracht des drohenden Verlustes an stärke gewinnt.
Es ist aber nicht nur die Geschichte um die ALS Krankheit von Hannes, die den Film trägt. Es sind auch die sehr gelungenen Figurenzeichnungen, die mit jedem Kilometer dieses Road-Movie an Reichtum und Tiefe gewinnen und Hin und weg auch zu einem sehenswerten Ensemble-Film machen. Der Weg ist hier daher auch stellenweise auch nur Mittel zum Zweck. Der Katalysator, der die inneren Ängste (sei es im Zusammenhang mit den Mutproben, die sich die Freunde gegenseitig auferlegen, als auch mit dem bevorstehenden Tod des engen Freundes) und Gedanken zum Vorschein bringt. Allen voran Florian David Fitz, der auf sehenswerte Art und Weise seine Rolle verkörpert und dem man sein psychologisches Dilemma nur zu gut ansieht. Auf der einen Seite steht der Entschluss schon fest, doch man merkt doch wie Hannes mit seiner Entschiedung hadert. Besonders gut gelungen ist in diesem Zusammenhang, dass Regisseur Zübert und Protagonist Fitz dem Zuschauer nur stückchenweise offenbaren, was überhaupt los ist.
Es ist auch der Weg und die tragische Nachricht, die jeden der Freunde an seine persönlichen Grenzen bringt. Es sind daher auch z.B. die Einblicke in die etwas verkorkste Partnerschaft zwischen Mareike (Victoria Mayer) und Dominik (Johannes Allmayer) oder die Facetten der Persönlichkeit von Frauenheld Michael (Jürgen Vogel), die diesen Film so reichhaltig und vor allem liebenswert machen.
Hin und weg ist, trotz oder gerade wegen seiner tragischen Geschichte, ein Film, der nicht nur die Freundschaft sondern auch das Leben selbst auf schöne und sehenswerte Art und Weise feiert.
In diesem Zusammenhang sind die Extras der DVD/Blu-ray erfrischend und mehr als passend minimalistisch geraten und verzichten auf das übliche Schnickschnack. Neben den üblichen Extras wie den Trailer oder Fotos, findet man in den Featurettes „nur“ Clips mit und über die Schauspieler und damit einen Eindruck, über die gute Atmosphäre die zwischen den Darstellern auch schon während der Dreharbeiten geherrscht haben muss. Dabei rücken die Extras genau das in den Vordergrund, was den Film auch ausmacht und den Film zu einem gelungenen Ensemble-Film macht.
DVD-/Blu-ray-Start: 26. März 2015