Ursprünglich gepostet am: 26. Februar 2015 auf filmosophie.com
Eigentlich kann es doch nicht so schwer sein heutzutage eine Stunde für sich zu haben. Doch leider sieht die Realität anders aus …
Durch Zufall hat der leidenschaftliche Jazz-Fan Michel Leproux (Christian Clavier) auf dem Flohmarkt den langersehnten Glückstreffer gelandet: „Me, Myself And I“, eine äußerst seltene LP, die er sofort anhören muss – zuhause, in aller Ruhe, ganz für sich allein.
Doch es kommt alles anders. Alle Welt scheint sich gegen ihn verschworen zu haben. Ausgerechnet für heute hat sich seine Frau Nathalie (Carole Bouquet) in den Kopf gesetzt, ihm eine maximal unangenehme Offenbarung zu machen. Sein Sohn Sébastien (Sébastien Castro) taucht aus heiterem Himmel wieder auf und glaubt die Welt retten zu müssen. So schlittert die eigentlich besinnlich gedachte Stunde neben dem nervigen Schniefen seiner Haushälterin Maria (Rossy de Palma) und den Bemühungen seines nervtötenden Nachbarn Pavel (Stèphane de Groodt) das lang vorbereitete Nachbarschaft-Party steigen zu lassen, unweigerlich ins Chaos und bringt dabei Wahrheiten ans Licht, die besser verborgen geblieben wären.
Es ist ein Vergnügen die Verwandlung von Christian Clavier anzusehen, der auf der Suche nach einer Stunde für sich, immer mehr zu einem liebenswerten Menschenfeid wird, dem jedes Mittel und jede Taktik recht ist, nur um seine LP hören zu können. Ja, der Film von Regisseur Patrice Leconte lebt von Clavier. Es ist seine für Clavier typische Emotionalität und körperliche Präsenz, die den besonderen Charme des Film ausmachen. Ein Grund mehr sich den Film im Original anzuschauen, um auch die Wortgefechte des Films besser genießen zu können.
Auch die anderen Charaktere dieses Kammerspiels sind pointiert und machen Spass. Besonders Stèphane de Groodt als nervender Nachbar und die aus den Almodóvar Filmen bekannte Rossy de Palma, in ihrer Rolle als besserwisserische und temperamentvolle spanische Putzfrau. Da ist es besonders schade, dass z.B. Carole Bouquet als Michels Frau, deren Figur von Beginn an bewusst als leidenden und mißverstandene Ehefrau gezeichnet ist, ein bisschen zu schwach agiert und im Schatten von Claviers Präsenz untergeht.
Raum und Präsenz spielen in diesem Film überhaupt eine große Rolle. Stellenweise merkt man, dass der Stoff des Films auf einem Bühnenstück basiert und so kommt es vor – so paradox es auch klingen mag -, dass der Film den Rand seiner räumlichen Möglichkeiten erreicht. Während das Stück von Florian Zeller auf der Bühne von der Enge des Raumes der Bühne profitiert, was der komischen und zugleich angespannten Situation der Hauptfigur noch mehr Schwung verleiht, spührt man, dass diese Enge im Film nicht mehr da ist. So passiert es, dass die Geschichte an manchen kurzen Stellen kleine Durchhänger hat, die die von Clavier erzeugte Dynamik unterbrechen. Was nicht unbegingt daran liegt, dass der Film die Enge des Raums verlässt und neben der Wohnung auch andere Umgebungen bespielt, sondern eben daran, dass Clavier nicht jede Sekundes des Films tragen kann. Doch es ist eben auch diese Dynamik der Hauptfigur, die auch wieder über diese kleinen Schwächen hinaus hilft.
Doch trotz der ein oder anderen Schwäche und der Tatsache, dass die lebensbejahende Leichtigkeit, die französische Kömodien und Filme immer an sich haben, hier leider ein bisschen zu kurz kommt, bleibt Nur eine Stunde Ruhe eine schöne und kurzweilige Kömodie mit einem Christian Clavier in Höchstform.
Kinostart: 16. April 2015