Ursprünglich gepostet am: 16. Dezember 2015 auf filmosophie.com
Ich verzichte an dieser Stelle auf die übliche Kurzzusammenfassung vor der eigentlichen Kritik. Aus gutem Grund, denn ich will Euch nicht die Freude auf diesen Film durch einen Spoiler vermiesen. Vielleicht nur das: der Plot hat fast schon Shakespeare-Charakter, und das ist auch gut so, denn die Geschichte ist hier ein Kernelement.
Ich möchte stattdessen aber einen Vergleich machen, und zwar zwischen Star Wars und Star Trek. Ein Vergleich, der im Science-Fiction Universum fast einem Sakrileg gleicht. An dieser Stelle wage ich es aber trotzdem, denn ich ihn ziehe nur, weil J.J. Abrams sowohl den Relaunches von Star Trek als auch den „Relaunch“ von Star Wars gedreht hat. Ja, er entwickelt sich zum König des Relaunches – und das mit Bravour. Nachdem die Star Trek-Reihe mit Star Trek: Nemesis (2002) viel ihres Charmes eingebüßt hatte, hat es Abrams geschafft, der Reihe neues Leben einzuhauchen und dem Ganzen einen neuen und vor allem frischen, jungen Look zu geben. Auch Star Wars hatte das nötig und das nach den neuen Teilen I bis III (1999, 2002 und 2005). Als Prequel hatten sie aus dramaturgischer Sicht durchaus ihre Daseinsberechtigung, doch die (Liebes)Geschichte ist am Ende im Pixelmeer der vermeintlich verheißungsvollen CGI-Effekte und Green-Screens untergegangen.
Mit Star Wars: Das Erwachen der Macht bzw. Star Wars VII geht die Saga nun zurück zum gestalterischen Ursprung bzw. zum Haptischem und dem Akustischen. Aber das haben alle Filme, bei denen J.J. Abrams Regie führt. Man sieht, dass sich die vielen Setbauten, Masken, etc., kurz: der Aufwand und die Liebe für das Detail (ein Blick auf BB-8 Droid reicht da schon), die auch immer wieder in den im Netz kursierenden Making-Ofs zu sehen sind, gelohnt haben und die am Computer generierten Effekte nicht alles sind. Eine fast schon für typische Herangehensweise von Abrams. Diese neuen Herangehensweisen verleihen dem Film wieder den handwerklichen Geist, den die Original-Teile IV bis VI (1977, 1980 und 1983) hatten und bist heute Kult ist.
Der neue Film lebt aber auch zum großen Teil von seinen Schauspielern. Zur „alten Garde“ aus den Filmen IV bis VI gesellen sich starke junge Schauspieler wie John Boyega als Finn und Oscar Isaac als Kampfpilot Poe Dameron, die beide auf ihre Art überzeugen. Besonders überzeugend ist aber Daisy Ridley als Titelheldin Rey. Und das nicht nur wegen ihrer sehr starken schauspielerischen Leistung, sondern weil J.J. Abrams mit ihr den mutigen und eigentlich überfälligen Schritt gewagt hat, einen Heldin an die Spitze der Saga zu stellen. Ja, die jungen Darsteller sind ein toller Teil dieser Verjüngungskur. Eine Art Star Wars Next Generation.
Ein Hamburger Kollege, der genauso begeistert war vom Film, nannte Abrams den „neuen Spielberg“. Als Spielberg-Fan muss ich spätestens nach diesem Film sagen: es stimmt. Genau wie Spielberg haucht J.J. Abrams den Geschichten (wieder) etwas Magisches ein. Der ganze Film – besonders die letzte Szene – ist eine Hommage an seine Vorgänger. Dabei sind es nicht nur Anspielung szenischer und dramaturgischer Art, sondern auch auf der Ebene des Dialogs und der Art des Dialogs (spitzt die Ohren, wenn die Kommandeure des Imperiums sprechen). Abrams hat jedoch auch viel Mut bewiesen, denn er hat den schwierigen Spagat geschafft, der notwendig war, um diesen heiß erwarteten Film zu machen. Er hat die vielen dramaturgischen Stränge, die zu Beginn des Films gelegt werden, gekonnt zusammengeführt und knüpft dabei perfekt an Teil VI an. Er hat es aber auch vollbracht, sich nicht nur mit viel Charme und Humor vor dem fast schon unterblichen Werk Star Wars von George Lucas zu verbeugen und die Originalfilme quasi schon zusammenzufassen, sondern gleichzeitig etwas Neues, etwas fast schon typisch „Abramsche“ zu schaffen. Man könnte sogar sagen, dass der erste Teil des Films mehr Hommage ist als der zweite Teil, denn der zweite Teil schafft schon seine eigene, aber sehr passende, Filmsprache für die Zukunft der Reihe und bleibt dabei aber auch typisch für den Stil der Reihe.
Zur gleichen Zeit hat er damit auch den Weg für weitere Teile geebnet und wenn ihr den Film gesehen habt, versteht ihr auch warum. Ein kleiner Geniestreich: Er nimmt die „alten“ Fans mit und gleichzeitig fasziniert er mit seinem Film auch „neue“ Fans für die Saga. So gesehen, gute alte Star Wars Zeit und wenn das die Zukunft ist, nur her damit. Und wenn J.J. Abrams die Regie für die weiteren Teile übernehme wird, könnte das episch werden. Teil VII ist es schon einmal.
Kinostart: 17. Dezember 2015