Ursprünglich gepostet am: 18. April 2016 auf filmosophie.com
In The First Avenger: Civil War folgt Captain America alias Steve Rogers (Chris Evans) weiterhin seiner Berufung, die Menschheit zu beschützen – nun aber mit einem neuen, von ihm angeführten Avengers-Team. Nachdem ein Einsatz seines Teams in Lagos, das mit tragischen Kollateralschäden endet, steigt der politische Druck und die Forderung der Regierung nach einem Kontrollsystem über die Aktivitäten der Avengers wird immer lauter. Fortan soll eine Regierungsbehörde die Avengers und deren Missionen nicht nur überwachen, sondern auch anleiten und führen. Diese neue Situation mündet in der Spaltung der Avengers in zwei Lager mit ihren jeweiligen Anführern und Unterstützern. Auf der einen Seite steht Steve Rogers, der frei und unabhängig von Regierungsinterventionen mit den Avengers die Menschheit verteidigen will. Auf der anderen Seite ist Tony Stark (Robert Downey Jr.), der sich völlig überraschend dafür entscheidet, die Aufsichts- und Kontrollfunktion der Regierung über die Avengers zu unterstützen.
Ein Blick auf das Poster des Films und es wird klar, dass auch dieses Mal wieder (fast) alle der Avengers mit von der Partie sind. Zu den angestammten Charakteren gesellen sich bei diesem Kampf der Superhelden untereinander auch Ant-Man (Paul Rudd) und Spider-Man (in der ungewöhnlichen Besetzung von Tom Holland, der auch beim Reboot 2017 dabei sein wird). Ein wahres Who is Who der Superhelden des Marvel-Universums also. Was an vielen Stellen des Films, besonders in der zweiten Hälfte beim Kampf der beiden Lager, für Lacher und Action satt sorgt, ist aber zugleich auch ein großes Problem dieses Films. Die Idee dem Kern-Team der Avengers andere Helden aus dem Marvel-Universum zur Seite zu stellen hat per se nichts falsches an sich und ist vielleicht auch nicht unlogisch, will man den Kampf der beiden Lager visuelle anspruchsvoll in Szene setzen. Doch das führt in vielerlei Hinsicht zu einer Überfrachtung des Films. Überhaupt führt diese Überfrachtung dazu, dass der Zuschauer zwar amüsiert aber auch überfordert ist. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass The First Avenger: Civil War (der eigentlich streng genommen Captain America: Civil War heißt) kein „Gruppenfilm“ im Sinne der Avengers-Reihe ist, zugleich aber inhaltlich an Avengers: Age of Ultron und Captain America: The Winter Soldier anknüpft.
Doch zurück zum eigentlichen Film. Während Ant-Man dem Publikum schon recht bekannt ist und auch bis zum Ende des Films Teil der Handlung ist, ist Spider-Man die ganze Zeit eine Randfigur und wird auch leider nicht genügend beleuchtet. Dabei greift Holland schon die Charaktereigenschaften der vorherigen Spider-Man Darsteller Tobey Maguire und Andrew Garfield auf, doch in dieser kurzen Zeit in der auftaucht, tut er dies in einer Teil überspritzen Art und Weise, dass er mehr zu einer Witzfigur wird statt zu einem neuem Spider-Man. Am Ende ist Hollands Auftritt leider nur ein amüsanter „Werbeauftritt“ und nicht mehr. Trotzdem oder gerade deswegen sind wir gespannt auf das Reboot.
Abgesehen davon braucht The First Avenger: Civil War jedoch erschrecken lang bis er in Fahrt kommt und so ist der erste Teil des über 2 Stunden dauernden Films zwar mit Action gefüllt, doch ebenfalls mit sehr viel Dialog vollgepackt, der inhaltlich zwar notwendig ist, aber stringenter hätte erzählt werden können. Erst in der zweiten Hälfte findet der Film von Anthony und Joe Russo wieder zum Stil, Rhytmus, inhaltliche Tiefe und vor allem dem Humor der Vorgängerfilme wie Avengers: Age of Ultron zurück. Da geht auch der subtile Hinweise im ersten Teil auf die tatsächtliche militärische Überpräsenz der USA in der realen unverhallt unter.
Weil der Film eben so lange braucht um in Fahrt zu kommen, wird auch erst in dieser zweiten Hälfte klar, welcher eigentliche Sinn hinter dem Titelschnippsels Civil War steckt und der eigentlich über den visuell anspruchsvollen Zusammenpralle der beiden Gruppen von Superhelden hinaus geht. Denn der eigentliche Konflikt des Films ist persönlicher und überraschend tiefgehender Natur und zwar zwischen Tony Stark und Steve Rogers. Oder wenn man es anders lesen wollen würde, sogar zwischen den ursprünglichen, ja, amerikanischen Tugenden für die Captain America steht und der technischen Überlegenheit, für die Iron Man steht. So gesehen stellt dieser Kampf auch die gemeinsame Philosophie der Avengers in Frage. Aber so eine tiefgründige Lesart geht wie gesagt im visuellen Feuerwerk unter.
In diesem Zusammenhang ist Bösewicht Baron Helmut Zemo (Daniel Brühl) leider nur ein Katalysator für diesen Zusammenprall der beiden Gruppenführer und bleibt am Ende auch nur eine Randfigur, von der man mehr erwartet hätte. Brühl hätte sicherlich das Potential dazu.
Zuletzt merkt man auch, dass das Regieduo aus dem visuellen Bereich kommt und so erscheinen manche interessant aber auch für das Marvel Universum etwas skurril anmutende visuelle Kreation, wie z.B. das Hauptquartiert des Joint Counter Terrorism Center in Berlin mit einem Dach, das der ehemaligen Reichstagskuppel erschreckend ähnlich sieht.
The First Avenger: Civil War ist und bleibt sehenswert, bleibt am Ende aber hinter den Erwartungen und vor allem seinen Vorgängern zurück, nicht zuletzt wegen der Überfrachtung und der damit zusammenhängenden verpassten Chancen Figuren und Erzählstränge besser auszuführen.
Kinostart: 28. April 2016