Ursprünglich gepostet am: 09. September 2013 auf filmosophie.com
Unter dem Regenbogen – Ein Frühjahr in Paris ist ein durch und durch französischer Ensemblefilm. Daher auch der Rat, ihn wenn möglich im Original zu schauen. Witzige Dialoge, skurrile Figuren und von einer wunderschönen Leichtigkeit beseelt. Selbst wenn Vergleichen zu Woody Allen, wie sie auf dem Filmplakat zu sehen sind, immer ein bisschen kinematographischer Nationalstolz anhaftet, trifft es den Kern der Sache in Hinblick auf die Figuren des Films. In seinem märchenhaften und leicht surrealen Setting, erinnert der Film stellenweise aber auch an Die fabelhafte Welt der Amélie. Doch Regisseurin Agnès Jaoui geht einen Schritt weiter und zeigt eine Welt der Amélie, die im Heute angekommen ist, die erwachsen geworden ist, und so fehlen auch nicht die immer wieder auftauchenden Bezüge auf unsere heutige Zeit und vor allem auf unsere heutigen Probleme. Das Märchensetting (da trifft es der Originaltitel, Au bout du conte, am besten) etabliert sich besonders im ersten Teil des Films: So finden sich dort besonders die Übergänge zwischen den Szenen, die wie eine bunte Zeichnung aus einem Märchenbuch erscheinen und die dann zu einem Filmbild werden. Auch die unterschiedlichsten Märchenelemente, wie der verlorenen Schuh oder die böse Hexe zum Beispiel, finden sich immer wieder während des Films.
Doch auch wie im Märchen verändert sich die Situation und dunkle Wolken ziehen auf über dem Königreich in dem Frieden herrscht. Und so passiert es, dass die Märchenwelt, die sich die Menschen aufgebaut haben, von dunklen Mächten heimgesucht wird. Überhaupt scheinen die Geschichten die der Film erzählt, stellenweise alles andere als märchenhaft zu sein, selbst wenn die Figuren im Film es sich anders vorstellen. Da ist zum Beispiel die Geschichte von Marianne (Regisseurin Agnès Jaoui) die sich von ihrem Mann getrennt hat, seitdem wieder Fahrstunden nimmt, jedoch immer das Gefühl hat, es nicht zu schaffen und sich einredet, einfach nicht fähig zu sein ein Auto zu fahren. Pierre (Jean-Pierre Bacri) hingehen, ist, auch wenn er es selbst immer als Humbug abtut, seit dem Moment als ihm eine Wahrsagerin seinen Todestag vorhergesagt hat, von diesem Tag geradezu besessen und wird immer resignierter und vor allem deprimierter, als sich besagter Tag nähert. Er riskiert dabei, das Schöne auf’s Spiel zu setzen, das er gerade besitzt. Die 24 Jahre alte Laura (Agathe Bonitzer) träumt davon, eines Tages ihren wahrhaften Traumprinzen zu treffen. Als sie Sandro (Arthur Dupont) eines Tages trifft, scheint alles perfekt zu sein, doch auch hier entpuppt sich die Situation alles andere als märchenhaft und so verpufft auch hier bald die Märchenwelt. Selbst unter der scheinenden Rüstung des zweiten Märchenprinzens Maxime (Benjamin Biolay) versteckt sich die harte und auch – im wahrsten Sinne – schmerzhafte Realität.
Die Moral des Films ist, so scheint es mir, dass das Leben wirklich wie ein Märchen ist und wir alle die Prinzessinnen und Prinzen sein wollen, die wir uns erträumen. Doch genau wie im Märchen, sind die Grenzen zwischen Freude und Leid oft näher beieinander als wir denken. Nichts ist gegeben und die Situation kann sich innerhalb eines Augenblicks verändern. Wir müssen stellenweise Entscheidungen treffen, die getroffen werden müssen, die uns jedoch aus der von uns erbauten perfekten Welt reißen werden. Immer wieder werden wir, genau wie die Figuren dieses Märchens, aus der Traumwelt wieder in die Realität zurückgeholt. Der Film ist dahingehend erfrischend ehrlich und verzichtet auf die zwar schöne und liebenswerte aber süße und ein bisschen romantisch verklärte karamellisierte Kruste der „amélieschen“ Crème brûlée. Zur gleichen Zeit verlässt einen beim Sehen des Films nie die Leichtigkeit, die französische Filme haben und die immer wie ein Loblied auf das Leben mitschwingt.
Der Film ist wie eine volle Dosis Leben, teils berauschend, skurril und märchenhaft, teils auch wieder traurig, hart und wehmütig. Ein Happy End ist nicht garantiert, vielleicht aber doch. Ein Film wie das Leben, wie ein Märchen, eben bittersüß.
Kinostart: 17. Oktober 2013