Bei dieser Arbeit handelt es sich um meine Abschlussarbeit im M.A.-Studiengang „Europäische Medienwissenschaft“ an der Universität Potsdam, den ich von 2010 bis 2013 absolviert habe.
Die Idee für diese Masterarbeit entwickelte sich aus dem Seminar „Mediale Praxen das Amateurfilms und wie sie bewahrt werden können„, das im Wintersemester 2010/11 stattgefunden hat und mit dem vom Filmmuseum Potsdam initiierten Projekt „Amateurfilm im Land Brandenburg“ in Verbindung steht. Aus diesem Seminar ist im Folgenden eine schriftliche Forschungsarbeit entstanden, die sich mit dem filmischen Werk und der Arbeit des am 25.02.1925 in Potsdam-Babelsberg geborenen DDR-Amateurfilmers Dr. Karl-Heinz Straßburg auseinandersetzt. Im Laufe dieser Arbeit wurde jedoch schnell klar, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik des Amateurfilms, und im Besonderen mit der des Amateurfilms in der Deutschen Demokratischen Republik, noch sehr gering ist. Die hier angestrebte Masterarbeit ist daher ein weiter Beitrag zum Forschungsgebiet des Amateurfilms.
Die Arbeit mit dem vollständigen Titel „Geschichte(n) der DDR. Betrachtung des Internet-Archivs „Wir waren so frei … Momentaufnahmen 1989/1990“ mit Jean-Luc Godard“ wurde mit dem Preis für die beste MA-Abschlussarbeit 2013 im Studiengang Europäische Medienwissenschaft ausgezeichnet.
Einleitung der M.A.-Arbeit:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem aus einer gleichnamigen Ausstellung entstandenen Internet-Archiv „Wir waren so frei … Momentaufnahmen 1989/1990“ der Deutschen Kinemathek in Berlin, das sich mit privaten Fotografien und Filmaufnahmen der Wendejahre 1989/90 auseinandersetzt.
Grundlage für die Analyse und die Betrachtungen dieses Archivs und seiner Amateurfilme ist der Film „Histoire(s) du cinéma“ des französischen Filmemachers und Nouvelle Vague Vertreters Jean-Luc Godard, der in den Jahren 1988 bis 1998 entstanden ist. Wie der Filmtitel schon nahelegt, sind die „Histoire(s) du cinéma“ eine durchaus persönliche filmische Kinogeschichte oder genauer gesagt, eine Geschichte des 20. Jahrhunderts, das, wie Godard anmerkt, untrennbar mit der des Kinos verbunden ist. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dieser Punkt näher diskutiert. In dieser Arbeit soll jedoch nicht der Film selbst analysiert werden, sondern vielmehr soll das darin genutzte und von Godard immer wieder thematisierte Geschichtsmodell dazu dienen, das Archiv und die darin befindlichen Filme zu analysieren und zu sehen, was für ein Bild der DDR, der Wendezeit, das Archiv der Kinemathek entwirft und wie bzw. ob sich dieses von dem Bild der offiziellen Medien unterscheidet, zu dem sich das Archiv als Gegenpol etablieren will. Aufgrund des bereits genannten Schwerpunkts des Archivs sind die DDR und die gerade im Gang befindliche Auflösung des Staates zweifelsohne im Zentrum der Filme. Da im Archiv aber sowohl westdeutsche als auch ostdeutsche Amateurfilme vorhanden sind, soll die Analyse nicht auf die Filme der DDR beschränkt werden. Die Arbeit befasst sich daher auch nicht spezifisch mit dem DDR-Amateurfilm und dessen Eigenschaften, da diese Thematik nicht die zentrale Zielrichtung dieser Arbeit ist und aufgrund ihrer historischen, gesellschaftlichen und vor allem politischen Komplexität den hier zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen würde.
Die Arbeit diskutiert daher auch nicht die Eigenschaften des Amateurfilms und was ihn vom vermeintlich „professionellen“ Film unterscheidet, da dieser Begriff – wie im Folgenden auch klar werden wird – zu diskutieren wäre und in Hinblick auf die Arbeit, genau wie das Begriffspaar „fiktionaler Film – Dokumentarfilm“, auch nicht immer eindeutig ist.
Die Arbeit selbst unterteilt sich in vier Abschnitte.
Im ersten Abschnitt soll die Entstehungsgeschichte oder genauer gesagt die Zielrichtung des Archivs der Kinemathek näher erkundet und dargelegt werden. Basis hierfür sind die Notizen aus einem Gespräch mit Christiane Grün, die seitens der Deutschen Kinemathek die Betreuung des Archivs übernommen hat und mit der bereits im Vorfeld über diese Arbeit gesprochen wurde.
Da sich mit dem Archiv befasst wird, ist es notwendig sich genauer mit dieser Thematik auseinanderzusetzten. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich daher den Eigenschaften des Archivs und dessen Funktionsweise bzw. der Frage, wie in einem Archiv überhaupt Geschichte gemacht wird.
Der dritte Teil widmet sich spezifisch und schrittweise dem vielschichtigen Geschichtsmodell von Godard in den „Histoire(s) du cinéma“ und soll dieses näher erläutern. Zu Beginn dieses dritten Abschnitts soll daher diskutiert werden, warum für Godard die Verbindung Film und Geschichte so wichtig ist. Darauf basierend befasst sich der zweite Teil besagten Abschnitts zum Geschichtsmodell mit dem Begriff der Montage bei Godard bzw. genauer gesagt mit dem Verhältnis zwischen Bild und Geschichte.
Basierend auf den bis zu diesem Punkt gewonnenen Erkenntnissen zum Geschichtsmodell bei Godard, befasst sich der vierte und letzte Teil dieser Masterarbeit mit exemplarischen Filmen aus dem Archiv der Kinemathek und versucht diese zu analysieren.
Es muss an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich im Fall dieser Arbeit um keine empirische Vorgehensweise handelt bzw. die Erkenntnisse über das Bild der DDR im Archiv nicht über mögliche Interviews oder Umfragen gewonnen werden. Jedoch ist es im Kontext eines Archivs nicht möglich, die Person des Betrachters, wie in diesem Fall den Autor der vorliegenden Arbeit, außer Acht zu lassen. Aus diesem Grund will diese Arbeit diese Position und die Arbeit selbst kritisch hinterfragen. Im weiteren Verlauf soll daher versucht werden – in Anlehnung an die Vorgehensweise und den bewusst persönlichen Stil von Godard in seinen „Histoire(s) du cinéma“ – in Form von Einschüben, die Arbeit, die darin vorgenommen Arbeitsweise, die vorangegangenen und folgenden Kapitel sowie die gewonnen Erkenntnisse zu kommentieren und zu reflektieren.